Bodenklassen werden in vielen Bauverträgen falsch angesetzt
Bauherren beginnen ihre Hausplanung meist mit Überlegungen zur Fassadengestaltung, Dachform und Innenausstattung. Wenig Gedanken machen sie sich nach Erfahrung des Verbands Privater Bauherren (VPB) über den Baugrund. Dabei ist der Boden entscheidend für die Gründung des Hauses. Je problematischer der Baugrund, umso teurer wird der Keller.
Die Unwissenheit der Bauherren in Sachen Grund und Boden nutzen viele Schlüsselfertiganbieter zur gefälligen Anpassung ihrer Preise: Statt wenigstens durchschnittliche Bodenverhältnisse mit Aushub, Gründung und Abdichtung zu kalkulieren, gehen sie vom Idealfall aus und rechnen in ihr Angebot nur einen günstigen Keller oder eine preiswerte Bodenplatte ein, die in kaum einem Fall ausreichend sein werden. Die Position „Aushub“ fehlt in etlichen Bauverträgen sogar ganz. Sie kommt später als Extra auf die Rechnung.
„Oft kalkulieren Firmen nur 40 Zentimeter Aushub ein und legen dabei die Bodenklasse 3 zugrunde“, beobachtet Dipl.-Ing. Raik Säbisch, Leiter des VPB-Regionalbüros Leipzig/Halle. „Das reicht aber nicht aus, denn jede Bodenplatte muss frostsicher gegründet werden und auf tragfähigem Grund stehen. In Leipzig liegt die Frostgrenze bei 80 Zentimetern, der tragfähige Grund beginnt in der Regel bei einem Meter Aushubtiefe. Erst auf diesem festen Boden können wir dann eine solide Bodenplatte betonieren.“
Das Problem liegt auf der Hand: Weil 40 Zentimeter Aushubtiefe für die sichere Gründung keinesfalls reichen, muss tiefer ausgehoben werden. Das kostet Geld, einmal beim Aushub, dann beim Entsorgen des Bodens. „Alles in allem kommen da von vorneherein 2.000 bis 3.000 Euro an Extrakosten auf den Bauherrn zu“, gibt der Bauingenieur zu bedenken. „Wenn er einen Keller haben möchte, sogar noch mehr.“
Die wenigsten Bauherren kennen den Begriff „Bodenklasse“. Fachleute unterscheiden sieben verschiedene Bodenklassen. Definiert sind sie in der DIN 18300. „Das reicht vom lockeren Mutterboden bis hin zu solidem Fels. Meistens wird in den Bauverträgen die Bodenklasse 3 angesetzt. Das sind laut Beschreibung leicht lösbare Bodenarten, nichtbindige bis schwach-bindige Sande und Kiese“, erklärt Raik Säbisch. „Also Böden, die sich problemlos mit dem Bagger ausheben, abtransportieren und anderweitig verwenden lassen.“
„Diese bewusst preisgünstige Klassifizierung geht aber an der Realität vorbei“, erläutert der Bausachverständige. „In Leipzig beispielsweise haben wir es oft mit Lehm und Ton der Bodenklassen 4 und 5 zu tun, im Bereich Grimma stoßen wir sogar auf Fels und die Bodenklasse 6. Das macht den Aushub von vorneherein erheblich teurer.“
Realistische Werte lassen sich nur mithilfe eines Bodengutachtens kalkulieren, das, je nach Aufwand, zwischen 500 und 1.000 Euro kostet. Das setzt aber zwingend voraus, dass das Baugrundstück vor Abschluss des Bauvertrages festliegt und untersucht wird. Nur wer weiß, auf was er baut und was er vorher wegräumen muss, kann die Kosten für den Aushub ermitteln. Erfahrungsgemäß liegt der Aushub für den Keller eines 80 Quadratmeter großen Hauses – mit 300 Kubikmeter Aushubmasse – im Bereich Leipzig bei Bodenklasse 4 bis 5 bei rund 9.000 Euro. Das entspricht rund 30 Euro pro Kubikmeter Aushubmasse. In anderen Regionen rangieren die Preise für den Aushub zwischen 22 und 47 Euro pro Kubikmeter.
Das Weglassen wichtiger Positionen im Bauvertrag hat Methode, so die VPB-Erfahrung: Weil Aushub und Abtransport des Erdreichs zum Baubeginn zwingend nötig sind, bezahlt sie der Bauherr notgedrungen extra. Und weil auf die Schnelle kein anderer zu finden ist, der den Job übernimmt, beauftragt er damit meist seine Schlüsselfertig-Firma. Die steht natürlich bereit – und sichert sich so einen Zusatzauftrag. Gefeit vor diesen Überraschungen ist nur, wer seinen Vertrag frühzeitig vom unabhängigen Sachverständigen prüfen lässt. Bei der Prüfung kommen die versteckten Extras ans Licht.