Gute Karten
Ob USA oder Euroland: Notenbanker haben es in diesen Zeiten wirklich nicht leicht. Verbilligen sie mit niedrigern Leitzinsen das Geld, kurbeln sie die Konjunktur an – riskieren dafür aber einen stärkeren Preisauftrieb. Hat die Inflationsbekämpfung Priorität, droht der Wirtschaft eine harte Landung: höhere Zinsen, kein Wachstum, mehr Arbeitslosigkeit, Rezession
Da überrascht es nicht, dass es auch
unter den Mitgliedern der Europäischen Zentralbank (EZB) und der US-Notenbank
Federal Reserve unterschiedliche Auffassungen über die künftige Zinspolitik der
eigenen Notenbank gibt. Die jüngste Entscheidung der Fed, ihren Leitzins von
4,75 auf 4,5 Prozent zu senken, fiel jedenfalls nicht
einstimmig.
Doch der Zinsschritt wurde von den
Märkten gefordert – und passt in die Tradition der FED-Politik. Schon unter
ihrem legendären Chef Alan Greenspan hatten die US-Währungshüter im Zweifel für
Wirtschaft und Wachstum votiert. Und Ben Bernanke macht keine Anstalten, von
dieser Strategie abzurücken. Noch immer gibt es Anzeichen dafür, dass die Krise
um faule Hypothekenkredite in den USA nicht beigelegt ist. So sackte der
nationale Hausmarktindex im Oktober auf einen neuen historischen Tiefstand. Das
Schreckensszenario: Stürzt die sogenannte Subprime-Krise die US-Wirtschaft in
eine Rezession, droht auch der Weltkonjunktur der Kollaps.
Tatsächlich sind erste Bremsspuren auch
in Europa unverkennbar. Die Wirtschaftsforschungsinstitute und viele
volkswirtschaftliche Abteilungen der Banken haben bereits ihre
Wachstumsprognosen für 2008 nach unten revidiert. Und auch unter den
Währungshütern wachsen die Zweifel. So erwartet Spaniens Notenbank inzwischen,
dass die Konjunkturschwäche in der Eurozone schärfer als bislang vermutet
ausfallen könnte. Trotz hochschnellender Konsumentenpreise – die Inflationsrate
kletterte im September vorläufig von 2,1 auf 2,6 Prozent – wird die Europäische
Zentralbank die Leitzinsen vorerst nicht weiter erhöhen. Das Risiko, die
Konjunktur abzuwürgen, ist zu hoch. Eine weitere Stärkung des Euro durch höhere
Zinsen würde etwa der Wettbewerbsfähigkeit der wichtigen deutschen
Exportwirtschaft schaden.
Von der aktuellen Gemengelage
profitieren Eigenheimer. Die Renditen der zehnjährigen Bundesanleihen –
Benchmark für Hypothekendarlehen – sind zuletzt sogar leicht gefallen und
pendeln um 4,2 Prozent. Langfristig werden die Zinsen wegen der erhöhten
Inflationsgefahren wieder steigen. In den kommenden Wochen aber wird sich wenig
bewegen. Wer eine Erst- oder Anschlussfinanzierung für Haus oder Wohnung sucht,
sollte sein Darlehenspaket in aller Ruhe schnüren. Das historisch noch immer
niedrige Zinsniveau bietet Kreditnehmern die Chance, Hypothekendarlehen mit
langer Zinsbindung zu attraktiven Konditionen abzuschließen. Die flache
Zinsstrukturkurve hat außerdem zur Folge, dass die Preise für Kredite mit 15
Jahren Laufzeit kaum teurer sind als die mit zehn Jahren. Die zusätzliche
Kalkulationssicherheit kostet bei einem Darlehen in Höhe von 200.000 Euro
lediglich rund 300 Euro pro Jahr.
Zins-Tendenz
kurzfristig: stabil
mittelfristig: leicht
steigend
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