Nachdem die vergangenen zwölf Monate vor dem Hintergrund hoher Ölpreise und Rohstoffkosten von Diskussionen über Inflationsgefahr und Zinsanstiege geprägt waren, ist die Angst vor einer Deflation in die Köpfe der Notenbanker zurückgekehrt
Nachdem die vergangenen zwölf Monate vor dem Hintergrund hoher Ölpreise und Rohstoffkosten von Diskussionen über Inflationsgefahr und Zinsanstiege geprägt waren, ist die Angst vor einer Deflation in die Köpfe der Notenbanker zurückgekehrt. Krampfhaft suchen die Notenbanker in den USA und in Euroland nach immer neuen Gründen für Leitzinserhöhungen. Sie versuchen so, den historisch tiefen Niveaus und damit aus der Zinsfalle zu entkommen, wie wir sie seit Jahren aus Japan kennen.
An den Anleihemärkten wird das schon seit Monaten vermutet und seit Sommer durch sinkende Renditen bei den langen Laufzeiten deutlich – und das vor dem Hintergrund von sechs Leitzinserhöhungen der US-Notenbank. Auch Alan Greenspan scheint diese Entwicklung zuletzt immer bedrohlicher vorgekommen zu sein. Er hat damit begonnen, die Marktteilnehmer am Anleihemarkt auf die seiner Meinung nach zu tiefen Zinsen aufmerksam zu machen und prompt ist es zu Renditeanstiegen gekommen. Jetzt warnt – welch Zufall – auch EZB-Chef Trichet vor zu tiefen Zinsen und versucht dem Markt zu suggerieren, dass die EZB in den kommenden Wochen die Leitzinsen erhöhen könnte. Im selben Interview senkt die EZB die Wachstumsprognosen für 2005 deutlich auf jetzt nur noch 1,6% und die Inflationsprognose wird auf 1,9% zurückgenommen. Aus unserer Sicht bedeutet diese Rhetorik vor allem eines: Die Angst vor Deflation sitzt tief und die Notenbanker stecken in einem Dilemma. Nach der konventionellen Lehre müssten sie die Leitzinsen eigentlich senken – aber sie kennen die Folgen dieser Politik am Beispiel Japan inzwischen nur zu gut. Also suchen sie neue Wege, um die Zinsfalle zu vermeiden. Die Kapitalmarktzinsen werden sich aber von dieser Politik nicht wirklich beeinflussen lassen. Dort regieren Angebot und Nachfrage. Und wenn genügend Investoren für 2005 und 2006 ein schwaches Wirtschaftswachstum sehen, werden die langfristigen Zinsen auf keinen Fall steigen. Dann sind vielmehr neue Tiefstände möglich.
Wir befinden uns daher derzeit in einer Korrekturphase am Rentenmarkt und nicht am Beginn einer Trendwende. Diese Korrektur kann die 10-jährigen Pfandbriefrenditen noch auf knapp unter 4,00% bringen (derzeit 3,80%). Spätestens auf diesem Niveau werden die institutionellen Marktteilnehmer wieder verstärkt kaufen. Sinnvoll bleiben Kombi-Darlehen, die lange Zinsbindungen mit günstigen variablen Sondertilgungstranchen verbinden, und damit die monatliche Belastung senken. Die EURIBOR-Darlehen sind fest an den Geldmarktsatz gebunden und können flexibel zurückbezahlt oder jederzeit in eine Festzinsbindung getauscht werden. Die Tilgung sollte bei den aktuell tiefen Zinsen am besten bei 2% angesetzt werden, um eine Rückführung des Darlehens in einem Zeitraum von unter 30 Jahren sicherstellen zu können.
Die Bestsätze für Annuitätendarlehen für 5 Jahre liegen derzeit bei 3,43%, für 10 Jahre bei 3,97%, für 15 Jahre bei 4,23%, für 20 Jahre bei 4,44% und für 25 Jahre bei 4,84% effektiv.
Tendenz:
– kurzfristig: seitwärts
– mittelfristig: seitwärts
* Robert Haselsteiner ist Gründer und Vorstand der Interhyp AG. Er verfügt über langjährige Erfahrung im Investment Banking – unter anderem im Fixed Income Bereich – bei Salomon Brothers und Goldman Sachs.