Wer variabel finanziert hat, sollte Umschuldung prüfen Steigende Zinsen zu erwarten
Die gute Nachricht: Die Zinskonditionen für variable Kredite liegen weiterhin bei lediglich rund zwei Prozent. Die schlechte Nachricht: Angesichts der zunehmenden Inflationsangst und guter Konjunkturaussichten werden variable Kredite in den kommenden Monaten und Jahren mit großer Wahrscheinlichkeit teurer. „Wer zwischen 2009 und 2010 einen variablen Kredit aufgenommen hat, sollte prüfen, ob für ihn eine Umschuldung in ein Festzinsdarlehen sinnvoll ist“, rät Manfred Hölscher vom Baugeldvermittler Enderlein. Besonders Kreditnehmer, die eine deutliche Verteuerung ihrer Kreditbelastung ausschließen müssen, sollten zumindest einen Teil der Kreditsumme in ein klassisches Festzinsdarlehen umwandeln.
Wie schnell sich variable Kredite verteuern können, mussten einige Immobilienkäufer zwischen 2005 und 2007 erleben. Binnen zwei Jahren stieg der so genannte EURIBOR-Zins von zwei auf fünf Prozent. Der EURIBOR ist ein Zinssatz, den Banken voneinander beim Handel von Einlagen mit kurzen Laufzeiten verlangen. Er gilt damit als Referenzzinssatz für variable Darlehen. Mit dem Anstieg des EURIBOR verteuerten sich variable Kredite, die auf ihm basieren. Die Zinsen kletterten von etwa drei auf sechs Prozent. „Ein ähnliches Szenario ist in den nächsten Jahren durchaus wieder möglich, wenn die Konjunktur auch außerhalb Deutschlands an Fahrt gewinnt“, sagt Hölscher.
Wer im Jahr 2010 einen variablen Kredit zu unter zwei Prozent aufgenommen hat, muss heute bereits rund 0,5 Prozent mehr zahlen. Und weitere Zinsanstiege sind wahrscheinlich. Die Konditionen bei variablen Krediten werden alle drei oder sechs Monate an den aktuellen EURIBOR angepasst. Zu diesem so genannten Zinsanpassungstermin haben Kreditnehmer zwei Möglichkeiten. Sie können ihr Darlehen in beliebiger Höhe zurückführen – also tilgen. „Nur wer von dieser Option Gebrauch macht und überdurchschnittlich hoch tilgt, profitiert wirklich von variablen Krediten. Wer diese Tilgungsflexibilität jedoch nicht nutzt und nur normal tilgt, der sollte eine Umschuldung des variablen Kredits in ein Festzinsdarlehen erwägen“, erklärt Hölscher.
Festzinsdarlehen mit zehnjähriger Zinssicherheit können laut dem Baugeldvermittler Enderlein aktuell zu unter vier Prozent aufgenommen werden. Damit würde sich zwar die Zinsbelastung auf jedem Fall erhöhen – allerdings müssten Kreditnehmer keine weiteren Zinsanstiege von über vier Prozent befürchten.
Gänzlich abraten will der Finanzierungsexperte Manfred Hölscher von variablen Krediten dennoch nicht: „Wer hohe Mittelzuflüsse erwartet und wer sein Darlehen jederzeit in beliebiger Höhe zurückführen können möchte, für den bleiben variable Kredite trotz möglicher Konditionsanstiege eine Überlegung wert.“ Besonders Unternehmer oder bestimmte Berufsgruppen wie Ärzte, die über hohe schwankende Einnahmen verfügen, können mit variablen Darlehen immense Zinskosten sparen. „Das gilt aber nur dann, wenn sie die Tilgungsersparnis gegenüber einem Festzinsdarlehen direkt in die Schuldenrückführung investieren und wenn sie mehr als die üblichen zwei oder drei Prozent tilgen“, erläutert Hölscher
Eine Alternative kann die Finanzierung über Kombidarlehen darstellen. Dabei wird die Darlehenssumme in zwei meist gleichgroße Tranchen gesplittet. Ein Teil des Darlehens wird über einen Festzinskredit abgewickelt. Der andere Teil der Finanzierungssumme wird über ein variables Darlehen bereitgestellt. Auf diese Weise können Kreditnehmer von günstigen EURIBOR-Zinsen und hoher Tilgungsflexibilität profitieren. Das Risiko steigender Zinsen wird durch den Festzinskredit gleichzeitig halbiert.