StartArchivKonstruktive Qualität von Ziegel-Mauerwerk im Geschossbau

Konstruktive Qualität von Ziegel-Mauerwerk im Geschossbau

Wandkonstruktionen müssen im Mehrgeschoss-Bau vielfältigen Ansprüchen
genügen. Für die Standsicherheit von Gebäuden sind besonders äußere Einflüsse
von enormer Bedeutung: Als rein keramischer Baustoff zeichnen sich hier moderne
Mauerziegel durch ihre Rohdichte und hohe Festigkeit aus

Weder Kälte und Hitze
noch Feuchtigkeit verändern den gebrannten Ziegel in seiner Funktion und
Haltbarkeit. Risse in Wänden oder eine Beeinträchtigung der Tragfähigkeit von
Decken und Wänden sind beim Baustoff Ziegel daher kein Thema. Auf die Bauteile
eines Gebäudes einwirkende Kräfte wie Windlasten oder Erdbeben können massive
Ziegel problemlos standhalten. Auch die gesteigerten konstruktiven, brand- und
schallschutz-technischen Anforderungen im Mehrgeschossbau erfüllt der Ziegel
problemlos.

Wandkonstruktionen unterliegen besonders im Mehrgeschoss-Bau einer Vielzahl von
Beanspruchungen. Neben der Standsicherheit durch ausreichende Tragfähigkeit der
Wände – in Verbindung mit aufliegenden Decken – sind vor allem äußere Einflüsse
von Bedeutung: Lasten aus Wind, Schneelasten und Schlagregen, die auf die
Außenwände eines Hauses einwirken, stellen hohe Anforderungen an den verwendeten
Baustoff. Wände müssen diese Lasten sicher in den Baugrund ableiten.
Temperaturschwankungen, unterschiedlicher Feuchtegehalt, UV-Strahlung oder
chemische Einflüsse durch Schadstoffe in der Luft können die Bausubstanz
zusätzlich beeinflussen und beeinträchtigen. Regelungen wie in der DIN 4108-2
begrenzen beispielsweise die Zulässigkeit von Übertemperaturen. Kein Bauherr
muss akzeptieren, dass die in der Norm festgelegten Grenzwerte in mehr als 10 %
der Aufenthaltszeit überschritten
werden.

Temperaturschwankungen

Ziegelwände federn
Temperaturspitzen – egal ob Höchstwerte im Sommer oder Tiefstwerte im Winter –
vergleichsweise gut ab und ermöglichen das ganze Jahr über gleichbleibende
angenehme Raumtemperaturen. Die Wahl des Wandbaustoffes ist daher besonders im
Geschossbau von großer Bedeutung: Ziegel haben eine der geringsten
Formveränderungen aller Baustoffe – bei statischer Belastung, Feuchte-, Wärme-
oder Kälteeinflüssen. Das macht massive Ziegelkonstruktionen besonders
langlebig. Solide Baukonstruktionen aus Ziegel-Mauerwerk gewährleisten eine
langfristig beständige Bauqualität und erfordern nur einen geringen
Erhaltungsaufwand.

Sicher
vor Beben

Eine weitere nicht zu vernachlässigende Gefahr für die
Standsicherheit von Gebäuden sind Erdbeben. Obwohl es in Deutschland in den
letzten 100 Jahren keine Erdbeben mit gravierenden Personenschäden gab, sind
leichte Beben mit Auswirkungen auf die Tragfähigkeit von Decken und Wänden auch
hier zu Lande ein nicht zu unterschätzendes Risiko. Für übliche Hochbauten sind
die Regeln für Erdbebenbemessung in Deutschland in der DIN 4149:2005-4 [1]
enthalten. Sie gibt grundlegende Empfehlungen für Gebäude in deutschen
Erdbebenzonen. Bei Beachtung dieser Regeln kann für alle Bauarten der
rechnerische Erdbebennachweis entfallen. Gebäude aus modernem Ziegelmauerwerk
können diese Vorgaben problemlos erfüllen. Neben einer zusätzlichen Aussteifung
der Wände liegt beim Ziegel der Grund auch in der horizontalen und vertikalen
Verteilung der Stege beim Lochbild.

Gebrauchstauglich und
standsicher

Bei der Dimensionierung von Bauteilen und Tragwerken
von Bauwerken mit Hilfe der statischen Berechnung muss zunächst die Forderung
nach Standsicherheit erfüllt werden. Darüber hinaus ist aber auch die
Gebrauchstauglichkeit von Bedeutung. Nach DIN 55350-11 wird unter
Gebrauchstauglichkeit die Eignung eines Gutes im Hinblick auf seinen
bestimmungsgemäßen Verwendungszweck verstanden. Diese Eignung beruht auf
objektiv und nicht objektiv feststellbaren Gebrauchseigenschaften.
Mehrgeschossige Wohnbauten stellen hier spezielle Anforderungen, die die
Mauerziegelindustrie mit neuen Produkten besonders gut erfüllt. Die
Anforderungskriterien können in Normen, dem Stand der Technik oder
Vereinbarungen im Einzelfall festgelegt sein.

Massive Wände müssen als
tragende Konstruktionen dauerhaft die Standsicherheit gewährleisten. Neben der
Lastenabtragung von Winddruck- oder Windsoglasten sind insbesondere die
jeweiligen klimatischen Wechselbeanspruchungen (z. B. Temperatur- und
Feuchtewechsel) bei der Wahl des geeigneten Wandbaustoffes zu
berücksichtigen.

Die Standsicherheit hängt dabei primär von der
Druckspannung der Wände und Stützen ab. Die zulässige Druckspannung ergibt sich
aus der Ziegel-Druckfestigkeitsklasse und der gewählten Mörtelart. Die
Produktreihen der Unipor-Ziegel-Gruppe sind in ihren Eigenschaften genau auf die
Aufgaben Wärme-, Schall- und Brandschutz abgestimmt und gewährleisten eine
optimierte Druckspannung und damit eine verbesserte Standfestigkeit und eine
lange Lebensdauer. Als rein keramischer Baustoff mit einer hohen
Verschleißfestigkeit werden Ziegel auch nach Ihrem eigentlichen Verwendungszweck
unter anderem als Material für Straßen und Wege eingesetzt. Denn einschaliges
Unipor-Ziegelmauerwerk kann ohne Stofftrennung direkt wiederverwertet
werden.

Lifecycle-Analyse bei
Ziegelmauerwerk

Neben dem Primärenergiebedarf bei der
Bauwerkserstellung ist auch der in der Nutzungsphase entstehende Energiebedarf
im Zuge der Bauwerksinstandsetzungen und des Gebäudebetriebs zu berücksichtigen.
Der in der Nutzungsphase auftretende Verbrauch aus dem Gebäudebetrieb ist bei
gleichen funktionellen Einheiten sehr ähnlich, so dass sich eine vergleichende
Nachhaltigkeitsanalyse im wesentlichen auf den Verbrauch für die
Bauwerksinstandsetzung konzentrieren kann.

Die erforderliche
Primärenergie für die Bauwerkserstellung mit  Ziegelmauerwerk fließt im
überwiegenden Teil in die Tragkonstruktion. Bei Betrachtung der gesamten
Lebensdauer beansprucht der massive Wandbaustoff Ziegel jedoch nur noch etwa ein
Drittel des Primärenergieaufwandes. Dies verdeutlicht, dass bei langlebigen
massiven Baustoffen der Nutzungsphase und den dort auftretenden
Instandhaltungsprozessen eine erhebliche Bedeutung zukommt und daher die
Lebensdauer ein wichtiges Qualitätsmerkmal darstellt.

Homogene
Ziegelbauweise

Um die Vorteile des Ziegels voll nutzen zu
können, sollten alle Wände eines Hauses aus diesem Wandbaustoff bestehen. Das
Verformungsverhalten unter verschiedenen Umwelteinflüssen wie zum Beispiel
Temperatur und Feuchte ist dann gleich. Bei Mischbauweisen besteht dagegen die
Gefahr von Rissbildung oder Abriss der Innenwand von der Außenwand.

Die
DIN 105 regelt Bezeichnung, Festigkeitsklasse, Rohdichte, Format und Lochung von
Ziegeln. Die DIN EN 771 ist ihr Nachfolgedokument.

Besonders im mehrgeschossigen Wohnungsbau sind neben der Standsicherheit auch
die Ziegel-Eigenschaften Wärme-, Schall- und Brandschutz für die
Gebrauchstauglichkeit entscheidend. Wettereinflüssen durch Regen, Wind und Sonne
muss die Bausubstanz auch in Extremfällen standhalten. Die Standsicherheit und
die positiven Eigenschaften dürfen nicht dauerhaft eingeschränkt
werden.

Aufgrund seiner kapillaren Struktur transportiert der Ziegel
auftretende Feuchte schnell aus dem Baustoff und zeigt damit das beste
Trocknungsverhalten aller Wandbaustoffe. Die hohe Speicherfähigkeit des
Ziegelmauerwerks wirkt wie eine „natürliche Klimaanlage“ und hält die
Raumtemperatur Sommer wie Winter weitgehend konstant. Diese Fülle an
Positiv-Eigenschaften macht den Ziegel bei Bauunternehmern beliebt, da er
kostengünstiges Bauen ermöglicht und Bauschäden wirksam vorbeugt.

Die
Allrounder-Eigenschaften des Ziegels machen ihn als Wandbaustoff so attraktiv.
Einerseits ist er dank seines hohen Luftanteils hochwärmedämmend – und erübrigt
damit das Bauen mit Wärmedämm-Verbundsystemen (WDVS): Monolithisches
Ziegelmauerwerk erreicht sogar Wärmedämmeigenschaften, die für staatlich
geförderte KfW-40- und KfW-60-Häuser geeignet sind und in Einzelfällen auch
Passivhausstandard ermöglichen. Andererseits ist der Ziegel ein massiver
Baustoff, der mit seinen statischen Eigenschaften auch für den Bau von
mehrgeschossigen Objekten geeignet ist. Damit einher gehen sehr gute Brand- und
Schallschutz-Eigenschaften sowie ein ausgezeichnetes
Feuchteverhalten.

Schallschutz

Im Mehrgeschoss-Bau wird dem baulichen
Schallschutz eine hohe Bedeutung für die Gebrauchstauglichkeit zugewiesen. Unter
dem Oberbegriff „Baulicher Schallschutz“ werden Maßnahmen verstanden, die eine
von einer Schallquelle ausgehende Schallübertragung außer- oder innerhalb eines
Gebäudes verringern. Somit gehört der bauliche Schallschutz zu den
Hauptkriterien für die Qualitätsbewertung eines Wohngebäudes. Diese
Mindestanforderungen dürfen nicht unterschritten werden. Der Schall- und
Lärmschutz wird im bewerteten Schalldämmmaß RW,R in Dezibel angegeben
und erfordert eine flächenbezogene Masse von m‘ >= 250 kg/m² für mind. 47 dB.
Auch hier überzeugt der Wandbaustoff
Ziegel: Mit einer Rohdichte von 0,80 und einer zulässigen
Mauerwerk-Druckspannung von 1,6 MN/m² – in der Festigkeitsklasse 12 – erreicht
beispielsweise der Objektziegel „WS 14“ von Unipor einen effektiven, geprüften
Schallschutz von RW,P=47 Dezibel, mit dem auch die Schalllängsleitung
ausreichend unterdrückt  wird. Der Ziegel kombiniert damit hohe Wärmedämmung mit
effektivem Schallschutz und weist zudem eine besonders gute statische Eignung
auf.

Auch in der besonders im Geschossbau relevanten Eigenschaft Brandschutz ist
Ziegel-Mauerwerk wegweisend: Als keramisches Produkt werden Ziegel nach DIN 4102
in die Feuerwiderstandsklasse A1 (nicht brennbar) eingestuft und können sogar
für Brandwände eingesetzt werden.


Neue Generation: Gefüllte
Mauerziegel

Speziell für den mehrgeschossigen Wohnungs- und
Gewerbebau sind seit rund fünf Jahren neue Mauerziegel auf dem Markt, die mit
Dämmstoffen gefüllt sind. Diese Ziegel-Produkte erfüllen und übertreffen
deutlich die im Mehrgeschossbau geltenden gesetzlichen Anforderungen an
Wärmedämmung, Statik und Schallschutz und verbessern so die bereits guten
Eigenschaften des Baustoffes Ziegel.

Die erste Generation dieser
gefüllten Mauerziegel ist mit Perlit gefüllt und überzeugt mit Wärmeleitwerten
von 0,08 W/(mK) im Einfamilien-Hausbau und 0,11 W/(mK) im Mehrgeschoss-Bau. Da
das Lochbild im Ziegel an die Perlit-Füllung angepasst werden muss, verlieren
diese gefüllten Ziegel jedoch bei ihren statischen Eigenschaften gegenüber
massiven ungefüllten Ziegeln. Damit ist ihr Einsatzgebiet eingeengt. Auch eine
einfache Verarbeitung, wie bei ungefüllten Ziegeln, ist mit Perlitgefüllten
Ziegeln nicht ohne Weiteres gegeben. Beim Sägen und Verlegen der Mauerziegel
sind Besonderheiten zu beachten, so dass auch die Verarbeitungs-Qualität
eingeschränkt ist. Beispielsweise muss der Ziegel durch die geänderten
Steganordnung in einer bestimmten Richtung verlegt werden und das Zuschneiden
darf nur in einem Bestimmten Bereich des Ziegels erfolgen, um die Tragfähigkeit 
des Ziegels nicht zu gefährden.

Mineral-Granulate als
Füllstoff

Mittlerweile existieren jedoch gefüllte Mauerziegel,
die auch die hohen statischen Anforderungen im Mehrgeschoss-Bau problemlos
erfüllen und wie gewohnt verarbeitet werden können. Diese Ziegel sind mit
Mineral-Granulaten gefüllt und tragen die Bezeichnung „Coriso“ (Core=Kern,
Iso=Isolation).

Bisher galt die Kombination aus Ziegel und
Mineral-Granulaten als nicht umsetzbar in der industriellen Serienfertigung. Der
Grund dafür lag im maschinellen Füllvorgang. Nach zahlreichen Tests entwickelte
Unipor jetzt ein Granulat, das den technischen Anforderungen der
Ziegel-Produktion gerecht wird: Das Mineral-Granulat aus geschmolzenem,
aufgesponnenem und verdichtetem Basalt zeichnet sich durch eine sehr geringe
Wärmeleitfähigkeit von weniger als 0,04 W/(mK) aus. Die Füllung verbessert die
Wärmeleitwerte der Ziegel um mindestens 0,02 W/(mK) gegenüber ungefüllten
Ziegeln der gleichen Klasse und erhöht gleichzeitig den Schalldämmwert um 2 bis
4 Dezibel. Ein weiterer Vorteil des Granulates ist, dass es in bestehende
Unipor-Ziegel gefüllt werden kann – unabhängig vom Lochbild. Die Vorteile des
ungefüllten Ziegels in Sachen Brandschutz und Verarbeitung werden somit nicht
beeinträchtigt.

Der neue „WS 12 Coriso-Ziegel“ von Unipor wurde speziell
für den Mehrgeschossbau entwickelt: Er überzeugt sowohl durch seine statischen
Eigenschaften als auch durch sehr gute Wärme- und Schallschutzwerte.

Der „WS12 Coriso“ ermöglicht den einschaligen Bau von mehrgeschossigen Wohn- und
Gewerbeobjekten, die Passivhausstandard erreichen. Eine Zusatzdämmung der
Außenwände ist dafür nicht erforderlich.

Der Marktanteil von Ziegeln in
Deutschland liegt nach Angaben der Deutschen Gesellschaft für Mauerwerksbau bei
45,3 Prozent. Damit sind Mauerziegel führend in Deutschland – vor Kalksandstein
(25,5 Prozent), Porenbeton (18,6 Prozent) sowie Beton und Leichtbeton (10,6
Prozent). Standfestigkeit, lange Haltbarkeit durch eine verschleißfeste
Bausubstanz, hohe Wärmedämm-Eigenschaften und ein optimierter Schallschutz
machen den Ziegel zu einem beliebten Wandbaustoff – auch für den
Mehrgeschossbau.

Von Dr.-Ing. Thomas Fehlhaber

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