Entscheidung des Bundesgerichtshof Karlsruhe
Der Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe hat am 19. August 2010 eine gewichtige Entscheidung im Bereich des Bauträgerrechts gefällt (Urteil vom 19.08.2010 – VII ZR 113/09).
Es wurde das Recht der Erwerber wegen Baumängeln den Kaufvertrag rückabzuwickeln klarer umgrenzt. Die Mängelverfolgung der WEG beschränkt deren Rückabwicklungsrecht grundsätzlich nicht. Weiterhin hat der BGH geklärt, dass Verjährungsfristen für Rückabwicklungen nicht durch zeitgleich laufende Verhandlungen der WEG gehemmt werden. Gerade bei großen Bauträgerobjekten kommt es durch die notwendige Einbindung von Sachverständigen zur Baumängelerfassung und Ursachenklärung sowie der Vielzahl der betroffenen Parteien oft zu langjährigen, zähen Rechtsstreitigkeiten. Hier ist die Verjährungsfrage immer wieder streitentscheidend. „Der Bundesgerichtshof sorgt mit seiner Entscheidung für mehr Handlungs- und Rechtssicherheit bei Bauträgern, Einzeleigentümern und Wohnungseigentümergemeinschaften“, erklärt Rechtsanwalt Roger Wintzer, der in dem Verfahren die Interessen des Bauträgers vertreten hat. Mit der BGH-Entscheidung finden siebenjährige Baumängelstreitigkeiten zu einem der größten Berliner Bauträgersanierungsobjekte der Nachwendezeit ihren vorläufigen Höhepunkt.
Mängelbeseitigungsansprüche an Bauträger können parallel von WEG und Eigentümern verfolgt werden
Nach ständiger Rechtsprechung war und ist es möglich, dass eine WEG die gemeinschaftliche Verfolgung von Mängelansprüchen gegenüber dem Veräußerer übernimmt. Für dieses „Ansichziehen“ der Gewährleistungsansprüche genügt ein Mehrheitsbeschluss der WEG. Das Recht einzelner Wohnungseigentümer, aufgrund von Baumängeln die Rückabwicklung des Kaufvertrages zu verlangen, wird hiervon nicht berührt. Der BGH bekräftigt mit seiner Entscheidung, dass es den Wohnungseigentümern nach wie vor möglich ist, eine eigene Frist zur Beseitigung der Mängel an den Veräußerer zu stellen. Hat parallel dazu eine WEG bereits Forderungen an den Veräußerer zur Mängelbeseitigung gestellt, so liegt noch kein Interessenkonflikt vor, der die Ansprüche Einzelner bescheidet. Für den Bauträger bedeutet dies, dass zeitgleich von WEG als auch Einzeleigentümern Ansprüche zur Mängelbeseitigung geltend gemacht werden können.
Verjährung des Anspruches auf Rückabwicklung des Kaufvertrages durch WEG-Verhandlungen nicht gehemmt
Ansprüche auf Mängelbeseitigung gegen einen Bauträger verjähren im Normalfall nach fünf Jahren. Verhandlungen verlängern die Verjährungsfristen, bis es zu einer Einigung in der Sache kommt oder die Verhandlungen endgültig abgebrochen werden. Ungeklärt war bisher, ob Verhandlungen der WEG auch die Verjährung der Rückabwicklungsansprüche der einzelnen Erwerber verhindern. Wintzer erläutert: „Der Bundesgerichtshof stellt in seiner aktuellen Entscheidung klar heraus, dass die Verhandlungen des Bauträgers mit der WEG nur die Mängelbeseitigungsansprüche jedoch nicht die Rückabwicklungsansprüche einzelner Erwerber berühren. Diese Ansprüche verjähren, wenn die Erwerber nicht rechtzeitig handeln.“ Der Mängelbeseitigungsanspruch des Erwerbers erlischt nach altem Schuldrecht (Kaufverträge vor 2002) mit Ablauf der eigens gesetzten Mängelbeseitigungsfrist, nach neuem Schuldrecht (Kaufverträge ab 2002) durch nachfolgende Rückabwicklungserklärung. Hiermit sind die Voraussetzungen für den großen Schadensersatz (Rückabwicklung) geschaffen, auf den die WEG grundsätzlich keinen Einfluss mehr ausüben und auch nicht der Verjährung entziehen kann. Wird der Erwerber nicht weiter tätig, verjährt dieser Anspruch eigenständig. Für Bauträger bedeutet diese rechtliche Trennung, dass bei erheblichen Mängeln im Gemeinschaftseigentum zwischen dem Anspruch der Eigentümer auf Mängelbeseitigung, der von der WEG gemeinschaftlich verfolgt werden kann, und dem hierauf gestützten Anspruch auf Rückabwicklung des Kaufvertrages klar unterschieden werden müssen. Diese haben nicht nur unterschiedliche inhaltliche Voraussetzungen sondern auch getrennte Verjährungsfristen.