Hausbesitzer sollten nicht auf Dumping-Angebote hereinfallen!
Thermografie zum Sonderpreis: Vier Aufnahmen für 100 Euro. Mit solchen und ähnlichen Anzeigen umwerben seit einigen Jahren nicht nur reisende Fassadenbaufirmen arglose Hausbesitzer, sondern zunehmend auch regionale Versorgungsunternehmen. Kommunen, Geldinstitute und Bausparkassen locken mit preiswerten Thermografien oder verlosen thermografische Aufnahmen. Jetzt im Herbst häufen sich die Angebote wieder, beobachtet der Verband Privater Bauherren (VPB)und warnt vor diesen Offerten.
Die Thermografie an sich ist ein bewährtes Verfahren und inzwischen auch als Prüf- und Messverfahren bei Gericht anerkannt, lobt VPB-Sachverständiger Johannes Deeters. Sie muss aber fachlich richtig durchgeführt und bewertet werden. Das kostet vor allem Zeit, und die hat ihren Preis. Aufnahmen für hundert Euro taugen häufig allenfalls für den Bilderrahmen, kritisiert der Leiter des VPB-Regionalbüros Emsland. Solche Angebote sind überwiegend nicht seriös.
In der Branche wird viel Schindluder getrieben. Mancher arglose Hausbesitzer wird auch mit manipulierten Thermografieaufnahmen regelrecht über den Tisch gezogen, beobachtet der Bausachverständige seit Jahren. Das ist technisch möglich: Mit der Wärmebildkamera wird ein Gebäude von außen aufgenommen. Die Kamera erkennt dabei unterschiedliche Oberflächentemperaturen und setzt sie farblich um – die warmen und heißen Zonen in Gelb und Rot, die kühlen in blaue Töne. Im Wärmebild zeichnet sich dann beispielsweise eine schlecht gedämmte Wand in kräftigem Rot ab.
Die Farbwiedergabe der Kamera lässt sich allerdings einstellen, und die Thermogramme lassen sich damit auch manipulieren, erläutert Johannes Deeters. Unseriöse Thermografen kommen also ohne Probleme zu den gewünschten roten Bildern. Damit suggerieren sie dann dem Hausbesitzer, er habe eine extrem schlecht gedämmt Fassade, die dringend gedämmt werden müsse. So werden Hausbesitzer häufig zu teuren Wärmedämmmaßnahmen überredet, auch, wenn diese für ihr Haus vielleicht gar nicht sinnvoll sind.
Außerdem müssen die Aufnahmen unter bestimmten Witterungsbedingungen gemacht werden. Auch hier beobachten wir immer wieder vermeintliche Fachleute, die Aufnahmen machen, nachdem den ganzen Tag die Wintersonne auf die Fassade geschienen hat. Diese Hausfront ist natürlich warm und zeigt sich in der Thermografie rot. Aber nicht, weil von innen so viel Wärme nach außen verloren ginge, sondern weil die Fassade die Sonnenwärme vom Tag noch gespeichert hat. Was auf dem Thermografiebild nach einer schlecht gedämmten Fassade aussieht, kann in Wirklichkeit völlig in Ordnung sein. Außenthermografien sind von so vielen Faktoren abhängig und können nur unter bestimmten Witterungsbedingungen an wenigen Stunden des Tages gemacht werden.
Wie unterscheidet der Hausbesitzer fachlich fundierte von weniger seriösen Angeboten? Der Preis liefert den ersten Anhaltspunkt: Statt hundert Euro kostet eine seriöse Thermografieuntersuchung einschließlich schriftlicher Auswertung und Bericht um die 500 bis 600 Euro, erklärt Bauherrenberater Deeters. Sie besteht auch nicht nur aus vier Hausansichten, von jeder Seite eine, sondern wird je nach Gebäude individuell zusammengestellt. Ein schlichter Kubus lässt sich mit weniger Aufnahmen beurteilen, als ein aufwändiges Gebäude mit Vor- und Rücksprüngen, Balkonen und Gauben. Je komplexer die Hausform, umso sorgfältiger muss der Thermograf die Fotoausschnitte auswählen, um sich ein Bild vom gesamten Objekt und damit auch von allen möglichen Wärmebrücken zu machen. Dazu gehören allerdings auch zwingend thermografische Innenaufnahmen.
Ein weiteres Qualitätsmerkmal für seriöse Thermografieangebote ist die Beratung. Eine Thermografie nutzt dem Hausbesitzer wenig, wenn er nur vier Farbausdrucke und keine fachliche Erklärung dazu bekommt, die ihm die Thermografie erläutert. Der Hinweis, Ihr Haus muss gedämmt werden, reicht da nicht aus, mahnt Fachmann Deeters und mutmaßt: Solche Angebote kommen unserer Erfahrung nach meist von Fassadenbaufirmen, die Dämmstoffe verkaufen wollen. Ein seriöser Thermograf erläutert seine Untersuchungsergebnisse schriftlich und mündlich, überlässt die Konsequenzen aus der Untersuchung aber dem qualifizierten Energieberater. Der erarbeitet ein Sanierungsgutachten für das gesamte Haus, in das er neben anderem auch die Ergebnisse der Thermografie einbezieht. Möglicherweise steht am Ende der Planung dann tatsächlich die Empfehlung zur Wärmedämmung. Vielleicht muss aber auch nur die Heizung des Hauses optimiert werden.