In mehreren spektakulären Entscheidungen hat das Bundesverfassungsgericht die steuerliche Berücksichtigung von Kindern durch Kindergeld bzw. Kinderfreibetrag, Kinderbetreuungskosten und Haushaltsfreibetrag für verfassungswidrig erklärt.
Auf dem Prüfstand des höchsten deutschen Gerichts gescheitert sind nicht nur die derzeit geltenden Regelungen, sondern auch längst überholte steuerliche Entlastungsbeträge aus den 80er Jahren. Doch der Reihe nach.
Der für die Jahre 1985, 1987 und 1988 gewährte Kinderfreibetrag unterschritt den damals existenznotwendigen Mindestbedarf von Kindern deutlich. Dieser Mindestbedarf eines Kindes orientiert sich am im Sozialhilferecht definierten Existenzminimum; er ist bei den Eltern von der Besteuerung freizustellen, was der damalige Kinderfreibetrag nur in Ansätzen leistete. Bares Geld ist diese Entscheidung in einem ersten Schritt allerdings nur für die wenigen Eltern wert, deren Steuerbescheide aus zurückliegenden Jahren noch nicht bestandskräftig sind. Diese Eltern sollten – unter Berufung auf das Bundesverfassungsgericht – sofort Einspruch beim Finanzamt einlegen. In einem zweiten Schritt könnte es allerdings für alle Eltern lohnend sein, gegen Steuerbescheide für 1998, mit deren Versand die Finanzämter in den nächsten Wochen beginnen werden, – ebenfalls mit einem Hinweis auf die aktuellen Entscheidungen – Einspruch einzulegen.
Für Kinderbetreuungskosten dürfen derzeit nur alleinerziehende und unverheiratete Eltern 4.000 DM für das erste und 2.000 DM für jedes weitere Kind bei ihrer Einkommensteuererklärung geltend machen. Das Bundesverfassungsgericht hat dem Ausschluß verheirateter Eltern von dieser Steuervergünstigung jetzt ein Verfallsdatum aufgedrückt: Spätestens bis 1.1.2000 muß die Politik diese Benachteiligung verheirateter Eltern beseitigen – sonst wird die bisher für alleinerziehende und unverheiratete Eltern reservierte Vergünstigung ab diesem Termin in gleichem Umfang für verheiratete Eltern gelten. Handlungsmöglichkeiten und Handlungsbedarf bestehen für verheiratete Steuerzahler mit Kindern in diesem Punkt derzeit also nicht.
Der Haushaltsfreibetrag als steuerlicher Entlastungsposten ist bisher ebenfalls ausschließlich alleinerziehenden und nichtehelichen Eltern vorbehalten. Bis zu 5.616 DM pro Jahr sind dem Finanzamt derzeit die zusätzlichen Ausgaben dieser Elterngruppen für eine aufwendigere Haushaltsführung mit einem oder mehreren Kindern wert. Auch dieser Regelung, die verheiratete Eltern steuerlich schlechter stellt, will das Bundesverfassungsgericht nicht mehr allzu lange tatenlos zusehen. Wenn die Politik vor dem 1.1.2002 keine gesetzliche Ausdehnung dieser Vergünstigung auch auf Eltern mit Trauschein im Einkommensteuergesetz schafft, müssen die Finanzämter ab diesem Zeitpunkt auch bei verheirateten Vätern und Müttern einen Haushaltsfreibetrag bis zu maximal 5.616 DM jährlich in den Steuerbescheiden berücksichtigen. Ehepaare mit Kindern können vor dem 1.1.2002 nicht mit Aussicht auf Erfolg gegen diese Benachteiligung vorgehen.
Das Bundesverfassungsgericht fordert im Ergebnis eine – von den familiären Strukturen der Eltern unabhängige – steuerliche Kinderförderung, die das Existenzminimum jedes Kindes vollständig von der Besteuerung ausnimmt. Daß eine Entlastung für Familien mit Kindern kommen wird, steht jetzt fest: Die Politik muß reagieren. Über die genaue Höhe dieser Entlastung läßt sich angesichts des Spielraums für die politische Umsetzung derzeit allerdings nur spekulieren.
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