Berliner Baubetriebe fürchten Arbeitsmarktfreizügigkeit
FG Bau fordert bessere Schwarzarbeitsbekämpfung und Fachkräfteoffensive
Die mittelständischen Baubetriebe aus Berlin blicken mit Sorge auf die anstehende vollständige Arbeitsmarktfreizügigkeit ab Mai 2011. Das ergab eine Mitgliederbefragung der Fachgemeinschaft Bau Berlin und Brandenburg. So beurteilen rund zwei Drittel der Befragten die vollständige Öffnung des Arbeitsmarkts als Risiko für das eigene Unternehmen, nur ein Drittel sieht neben möglichen Gefahren auch Chancen in der Liberalisierung. Vor allem der erwartete stärkere Preiswettbewerb bereitet den Unternehmern Sorge: Nach Ansicht von 90 Prozent der Befragten wird er sich negativ auf die Qualität von Bauleistungen auswirken. Mit einem Anstieg von Schwarzarbeit und dem Abbau von Arbeitsplätzen rechnen zudem 66 bzw. 64 Prozent der Befragten. Und rund die Hälfte erwartet Firmeninsolvenzen als direkte Folge des stärkeren Wettbewerbs.
Konkrete positive Erwartungen verknüpfen nur 14 Prozent der befragten Betriebe mit der anstehenden Arbeitsmarktöffnung: So erhoffen sich 12 Prozent einen Zugewinn an qualifizierten Fachkräften. Mit mehr qualifizierten Jugendlichen, die sich auf einen Ausbildungsplatz in Berlin bewerben werden, rechnen hingegen nur zwei Prozent aller Befragten. Die Erschließung neuer Betätigungsfelder schließlich spielt bei den Befragten offenbar keine Rolle.
FG Bau fordert bessere Schwarzarbeitsbekämpfung
Insgesamt 88 Prozent aller Befragten sprechen sich für politische Maßnahmen aus, die helfen können, mögliche negative Effekte der Arbeitsmarktöffnung zu verhindern bzw. zu minimieren. Wolf Burkhard Wenkel, Hauptgeschäftsführer der Fachgemeinschaft Bau, fühlt sich durch die Ergebnisse in seinen Forderungen an die Politik bestätigt: „Vor allem die Schwarzarbeitsbekämpfung muss permanent verbessert werden. Dazu gehören die massive Aufstockung der Zollfahnder und ein engmaschiges Kontrollnetz vor Ort. Dazu gehört aber auch die Steigerung der Attraktivität eines weißen Marktes am Bau – zum Beispiel durch die ermäßigte Mehrwertsteuer auf Handwerkerleistungen.“ Auch bei öffentlichen Auftragsvergaben müsse künftig noch stärker der regionale Bezug eine Rolle spielen. Die unbegrenzte Verlängerung der erhöhten Schwellenwerte, die zunächst bis Ende 2011 gelten, sei hier ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung.
Fachkräfteoffensive vom Berliner Senat gefordert
Zudem spricht sich der Verband für eine gezielte Steuerung der zuwandernden Arbeitskräfte aus: „Was spricht denn gegen eine Fachkräfteoffensive des Berliner Senats? Diese könnte in Zusammenarbeit mit den Kammern und Verbänden erfolgen mit dem Ziel, gute Arbeitskräfte mit gezielten sprachlichen und fachlichen Weiterbildungen für die einzelnen Branchen fit zu machen“, so Wenkel weiter. Bereits jetzt werde an vielen Ecken durch Eigeninitiativen der Wirtschaft der Versuch unternommen, mit Aus- und Weiterbildungsangeboten auf den Fachkräftemangel zu reagieren. „Am Bau gibt es viele Initiativen, Jugendliche mit Migrationshintergrund für eine Ausbildung zu gewinnen und entsprechend zu fördern“, erklärt Wenkel. Auch hier könne der Senat Akzente setzen, in dem er beispielsweise Initiativen wie „Berlin braucht dich“ auf alle Ausbildungsberufe am Bau ausweite und die lokalen Initiativen mit einbinde.
Die Anzahl der gewerblichen Arbeitnehmer in der Baubranche ist im Jahr 2010 trotz sinkender Umsätze um 1,4 Prozent gestiegen und lag im Jahresdurchschnitt bei rund 12.600 Beschäftigten. Im Jahr 2011 rechnet die Fachgemeinschaft Bau auch wegen des zu erwartenden größeren Wettbewerbs aufgrund der vollständigen Arbeitnehmer- und Dienstleistungsfreizügigkeit mit einem Rückgang der Beschäftigung am Bau in Berlin.