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Fliesen (V)

Schon sehr früh in unserer Kulturgeschichte formten die Menschen ihre Gebrauchs-gegenstände aus Ton und nutzten die Kraft des Feuers, um den geformten Ton zu brennen und haltbar zu machen.

Schon sehr früh in unserer Kulturgeschichte formten die Menschen ihre Gebrauchs-gegenstände aus Ton und nutzten die Kraft des Feuers, um den geformten Ton zu brennen und haltbar zu machen.

Später haben sie Ziegel geformt und daraus ihre Behausungen gebaut. Dann sollten diese Wohnungen ausgeschmückt werden.

Man entdeckte Glasuren für diesen gebrannten Ton und bekleidete mit den farbigen Produkten die rohen Wände. Bei den altorientalischen Hochkulturen im Niltal und in Mesopotanien findet man die ältesten Fliesen.

Diese Gestaltungselemente wurden in manufakturähnlichen Produktionsstätten für Kultstätten und Paläste hergestellt. In den noch feuchten Ton wurden Linien eingeritzt, mit Glasur ausgegossen und dann erst mit einer Gesamtglasur überzogen. Die Funde aus einem Palast Ramses´III. im Nildelta ( ca. 1180 v.Chr.), die auf Bruchstücken die Darstellung von Menschen, Tieren und Fabelwesen erkennen lassen, sind die berühmtesten Beispiele für die ersten glasierten Fliesen. In den berühmten Stadt- und Palastanlagen in Babylon findet man weitere Schritte in der Entwicklung der Architekturkeramik. In den riesigen Anlagen findet man den großen Komplex des Ischta-Tores, dessen phantastische Reliefs auf die Zeit Nebukadnezars II. (604-502 v. chr.) datiert werden.

Das Tor wird von drei Meter hohen Darstellungen von Löwen und Fabeldrachen umrahmt. Es geht hier nicht mehr wie in Ägypten, um individuelle Einzeldarstellungen, sondern um die monumentale Wirkung des Ganzen.

Der Palast Artaxerxes`II. in Susa (350 v. chr.) ist ein späteres Zeugnis für Fliesendarstellungen im Altertum. Elemente der ägyptischen und der mesopotanischen Kultur vermischen sich hier zu einer pompösen Repräsentation. Die Lehmwände sind geschmückt mit farbig glasierten Reliefs, die von Blütengirlanden eingerahmte Mitglieder der Palastwache darstellen. Diese drei Beispiele sind Bruchstücke aus dem Gesamtkomplex der Architekturzeugnisse des Altertums. Erst nach dem 7. Jahrhundert, unter dem Einfluß des Islam, ist eine kontinuierliche Entwicklung der Keramik- und besonders der Fliesenkultur sichtbar. Und im Laufe der Jahrhunderte hat sich daraus das entwickelt, was wir heute in der europäischen Baukunst und Wohnkultur als Stilmittel und Gestaltungselemente bei der Arbeit kennen.

Die Quelle der europäischen Kultur sind die Länder am Mittelmeer: ausgehend von Griechenland über das Römische Reich, dessen Einfluß sich dann ja über den größten Teil Europas erstreckte. Die Römer haben später ihre Innenräume mit Mosaiken geschmückt, die aber aus Natursteinfragmenten zusammengesetzt waren und für die Entwicklung einer Fliesenkunst keinen Platz ließen. So gelangte die Fliese im Mittelalter nur über Umwege nach Norden.

Die Technik der Fliesenherstellung wurde langsam aber stetig weiterentwickelt und man erfand die unterschiedlichsten Möglichkeiten, Dekor und Glasur auf die Fliesen aufzubringen und haltbar zu machen. In der im 8. Jahrhundert entstandenen islamischen Kultur war durch den Koran die Darstellung von Mensch und Tier verboten. So findet man eine Vielzahl von geometrischen und ornamentalen Mustern, Flechtwerken, Blumen, Blüten und Ranken bis hin zu dekorativen arabischen Schriftzügen.

Zu Anfangs waren die Fliesen hauptsächlich in Blau, Grün und Türkis gehalten, später werden auch warme Töne, besonders Lackrot, eingesetzt. Die Kaisermoschee in Isfahan aus dem 16. Jahrhundert läßt sich als Gipfel dieser Entwicklung betrachten. Außen und innen mit den kunstvollsten Fliesen ausgestattet, steht sie als beherrschendes Zeugnis für die Freude der Menschen an farbiger Prachtenfaltung. Schon zu einem relativ frühen Zeitpunkt des Siegeszuges des Islams über die arabische Welt haben die Mauren ihren Fuß auf das europäische Festland gesetzt und den Süden Spaniens erobert.

Die Spanier übernahmen die Techniken der Mauren und legten den Grundstein für die heutige Bedeutung der Fliese. Ihre >Azulejos< (aus dem arabischen >al zulaich< =kleiner Stein) hatten nun festgelegte Maße (zwischen 12 und 14,5 cm) und waren auf der ganzen Oberfläche glasiert. Keramische Fliesen wurden nun in großen Produktionsstätten hergestellt und neue Verfahren machten es möglich, daß Farben und Bilder beim Brennen nicht mehr ihre Konturen verloren. Der Hauptumschlagplatz der keramischen Fliese wurde die Insel Mallorca. Von dort kamen sie nach Italien und erhielten in Anlehnung an ihren Herkunftsort den Namen >Majolika

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