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Vom Mittelalter ins 21. Jahrhundert

Programm zum Erhalt einmaliger Umgebindehäuser in der Oberlausitz

Sie sind individuelle Bauwerke aus Holz, Lehm, Stroh und 
Stein: Als Mischung aus slawischer Blockstube und 
fränkisch-thüringischem Fachwerk lassen sich die Umgebindehäuser 
bezeichnen. Die außergewöhnlichen Bauten prägen den Charakter der 
Oberlausitzer Haus- und Kulturlandschaft. Doch besonders im 20. Jahrhundert wurde ihre Substanz von Umwelteinflüssen stark angegriffen. Wie das größtenteils unter Denkmalschutz stehende Kulturgut flächendeckend erhalten werden kann, soll ein Projekt der Stiftung Umgebindehaus Bautzen zeigen. Unterstützt von der Deutschen 
Bundesstiftung Umwelt (DBU) sollen die Besitzer unter anderem darüber aufgeklärt werden, wie sie ihre Häuser unter energetischen Aspekten sanieren können. „Das Projekt zeigt, wie eng Umwelt- und Denkmalschutz verknüpft sind“, erklärte DBU-Generalsekretär Dr. Fritz Brickwedde, der heute in Großschönau den Bewilligungsbescheid über 220.000 Euro an den Vorsitzenden der Stiftung Umgebindehaus, Dr. Wolfram Leunert, übergab.

Als Siedler aus Franken und Thüringen auf die ansässige slawische Bevölkerung trafen, entstand die kulturelle Mischung, die diese einzigartige Volksbauweise entstehen ließ, erläuterte Leunert. Ihre Wurzeln reichten bis ins 15. Jahrhundert zurück. Von der Oberlausitz über Schlesien und Nordböhmen bis in die Sächsische Schweiz hätten

sich Umgebindehäuser als prägender Bautyp ausgebreitet. Besonders im Dreiländereck Deutschland, Polen und Tschechien sei die historische Substanz allerdings durch die langjährige Braunkohleverstromung und den Ausstoß von Schwefeldioxid stark belastet worden. Rund 6.500 Umgebindehäuser sind auf deutschem Boden noch verblieben. Etwa 90 Prozent davon stehen unter Denkmalschutz. Zwar sei ein Drittel bereits

modernisiert, doch seien viele Objekte in ihrem Bestand nach wie vor bedroht: Daher will die Stiftung Umgebindehaus nun auf Initiative des Sächsischen Landesamtes für Denkmalpflege eine Offensive zum Erhalt der Kulturschätze starten.

Über den Einsatz eines zentralen Fachbüros – dem Büro der freien Architekten Richter & Trauzettel aus Weifa – soll beispielhaft aufgezeigt werden, wie eine Kulturlandschaft in der Fläche bewahrt werden kann. „Entscheidend ist ein umfassender Ansatz“, betonte Leunert. Daher übernehme das Fachbüro die Koordination der Maßnahme und

mache flächendeckend Hauseigentümer auf das Programm aufmerksam. Zu den zentralen Aufgaben gehöre, Besitzer bei der Entwicklung von Sanierungsplänen und Finanzierungskonzepten zu beraten. Denn die außergewöhnliche Haussubstanz könne nicht mit herkömmlichen Lösungen instand gesetzt werden. „Ein besonderer Bedarf nach fachlicher Unterstützung besteht bei energetischen Sanierungsvorhaben. Sie stellen angesichts der komplizierten Materialkombinationen bei Umgebindehäusern eine Herausforderung dar“, erklärte Leunert. Doch unmöglich sei die Aufgabe keinesfalls. Auch die unter Denkmalschutz stehenden Bauten könnten fit für das 21. Jahrhundert gemacht werden.

Für finanzschwache Hausbesitzer stünden finanzielle Projektmittel zur Verfügung. Genauso wie die Eigentümer sollen aber auch die regional verantwortlichen Behörden und Institutionen für die Problematik sensibilisiert und beraten werden. „Außerdem wollen wir wirtschaftlich tragfähige Nutzungskonzepte für leerstehende Objekte entwickeln. Denn selbst in dem modernisierten Bestand sind derzeit rund 400 Häuser nicht bewohnt – Tendenz steigend“, sagte Leunert. Dazu sollen auch Kontakte zu geeigneten Partnern aus Praxis und Wissenschaft, wie zum Beispiel dem Verbund mittelständischer Unternehmen „Fachring Umgebindehaus“ und der Hochschule Zittau/Görlitz, hergestellt werden.

Dem Verlust des historisch wertvollen Erbes entgegen treten, das möchte die DBU mit ihrer Förderung unterstützen: „Die Umgebindehauslandschaft ist ein Kulturgut von internationalem Rang“, so Brickwedde. „Sie ist aber auch ein Rückzugsraum für Insekten, Fledermäuse und kleine Wirbeltiere. Mit dem Projekt werden Denkmal- und Naturschutz mit Ressourcenschonung und energiesparendem Wohnen beispielhaft in Einklang gebracht.“

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