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Zementproduktion:

Industrielle Abfallstoffe im Einsatz für den Umweltschutz

Als Ernst Gustav Leube 1838 in Ulm das erste Zementwerk Deutschlands gründete, gehörte der Klimawandel noch nicht zu den drängendsten Problemen. Der gelernte Apotheker ahnte wohl auch nicht, dass rund 170 Jahre später weltweit zwei Milliarden Tonnen Zement jährlich produziert werden und damit fünf Prozent des globalen Ausstoßes von Kohlendioxid (CO2) auslösen.

Denn Kalkstein, der neben Ton, Sand und Eisenerz die Hauptbasis von Zement bildet, enthält CO2. Wird das Stoffgemisch gebrannt, wird es in die Atmosphäre abgegeben. Das will die IBU-tec advanced materials AG in Weimar nun ändern. „Durch ein neues Herstellungsverfahren soll der Kohlendioxid-Ausstoß um bis zu 40 Prozent verringert werden“, betonte heute Dr. Fritz Brickwedde, Generalsekretär der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU). „Ziel ist es, die Rohstoffbasis von Zement umzustellen und Kalkstein durch industrielle Abfallstoffe zu ersetzen“, erklärt Firmen-Vertreter

Steffen Vogel. Die DBU fördert das Projekt mit rund 240.000 Euro.

Die Zementproduktion ist ein Industriezweig, der traditionell sehr hohe Kohlendioxidemissionen hervorruft. „Zwar sind Filteranlagen und die Herstellungstechnologie bereits verbessert worden. Doch nach wie vor trägt dieser Teil der Grundstoffindustrie zur Belastung der Umwelt bei. Das Projekt der IBU-tec advanced materials AG ist ein wichtiger Schritt auf dem Weg zu einer umweltfreundlicheren Zementproduktion“, sagt Brickwedde. Allein in Deutschland würden jährlich etwa 30 Millionen Tonnen Zement hergestellt. Das dabei frei werdende CO2 mache rund drei Prozent des Gesamtausstoßes der Bundesrepublik aus. Verantwortlich dafür ist das Rohmehl, das die Grundlage des Zements bildet. Es besteht zu einem Großteil aus Kalkstein, dem Stoff, den bereits Apotheker Leube für

seine ersten Experimente mit dem Baustoff aus der Schäbischen Alb gewann. Darin gebunden ist Kohlendioxid, das während des Brennvorganges im Drehrohrofen vollständig in die Luft abgegeben wird.

Die IBU-tec advanced materials AG forscht nun in Zusammenarbeit mit dem Institut für Baustoffkunde der Bauhaus Universität Weimar sowie dem Institut für Technische Chemie der Friedrich-Schiller-Universität Jena an einem neuen Stoffgemisch, in dem der grau-weißliche Stein zu großen Teilen ersetzt werden kann. „In Frage kommen industrielle Abfälle, beispielsweise Aschen und Schlacken“, erläutert Vogel. „Besonders

Abfallstoffe aus Prozessen, bei denen ein Austausch von Wärme stattgefunden hat, setzen kein Kohlendioxid mehr frei, wenn sie erneut verwendet werden.“ Was bei Müllverbrennung, Stahlerzeugung oder der Gewinnung von Strom aus Braunkohle als unnützer Reststoff anfällt, könnte also bald für den Umweltschutz eingesetzt werden. Ganz so leicht sei das allerdings nicht. „Zement ist ein kompliziertes Gemisch.

Momentan experimentieren wir noch an der richtigen Zusammensetzung des

neuartigen Stoffgemischs“, so Vogel. „Kommt dies dem chemischen Aufbau des bisher verwendeten Rohmehls sehr nahe, könnte unter Umständen knapp die Hälfte des bislang verwendeten Kalksteins durch industrielle Abfallstoffe ersetzt werden.“ Auf diese Weise würde zudem auch weniger Gestein verbraucht und damit ein natürlicher Rohstoff geschont.

„Bei erfolgreichem Abschluss des Projekts besteht die Möglichkeit, dass der Ausstoß von Kohlendioxid um bis zu 40 Prozent verringert werden kann“, erläutert Brickwedde. Zwar sei die Forschung auf diesem Gebiet bereits sehr aktiv, die Möglichkeiten, Kalkstein zu ersetzen, bislang allerdings noch begrenzt. „Der von der mittelständischen Firma verfolgte Ansatz geht deutlich über den Stand der Technik hinaus“, so der DBU-Generalsekretär. Seit Projektbeginn werde eng mit der Zementindustrie zusammengearbeitet. Das innovative Stoffgemisch soll zum Abschluss des Projekts in einem Zementwerk angewendet werden. „Erweist sich das neue Produktionsverfahren als praxistauglich, können die Ergebnisse direkt auf weitere industrielle Anlagen übertragen und die Umwelt somit in erheblichen Umfang entlastet werden“, betont

Brickwedde.

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