StartBauenBaurechtVertragsstrafe geht oft zu Lasten der Bauherren

Vertragsstrafe geht oft zu Lasten der Bauherren

Bauunternehmen nutzen Vertragsstrafen um höhere Zahlungen auszuschließen

Bauten verzögern sich aus den unterschiedlichsten Gründen, das kommt immer wieder vor, weiß der Verband Privater Bauherren (VPB). Viele Bauherren kennen dazu schlimme Geschichten aus dem Bekanntenkreis: Der Bau zieht sich hin. Der geplante Einzugstermin an Weihnachten rückt näher, die Wohnung ist gekündigt, die neue Einbauküche geordert, der Umzugswagen bestellt, die Kinder schon in der neuen Kita gemeldet – und das neue Haus wird nicht fertig! Dann ist guter Rat teuer: Die Familie muss entweder ins Hotel, zu Verwandten oder notgedrungen auf der Baustelle einziehen.

Angehende Bauherren, die solche Geschichten kennen, nehmen sich fest vor: Das wird uns nicht passieren! Sie wollen alles richtig machen und versuchen deshalb – über die ihnen als Verbraucher ohnehin zustehenden Sicherheitsleistungen (§ 632a Abs. 3 BGB) hinaus, eine Vertragsstrafe zu vereinbaren, die den Bauunternehmer an die Kandare legen soll. Das ist auch sinnvoll, denn der fünfprozentige Sicherheitseinbehalt, der ja die mängelfreie und rechtzeitige Fertigstellung des Hauses absichern soll, reicht erfahrungsgemäß nicht aus, um zum Schluss alle tatsächlich noch ausstehenden Restarbeiten zu bezahlen, geschweige denn Extras wie Hotelkosten. Eine Vertragsstrafe schützt hier die Interessen der Bauherren effektiver.

Allerdings, so warnt der VPB, gibt es dabei einige Hürden. Zunächst einmal muss der Zeitpunkt, zu dem das Bauwerk fertig sein soll, vertraglich exakt festgelegt werden – denn das ist ja der Zeitpunkt, an dem die Vertragsstrafe gegebenenfalls fällig wird. Außerdem gibt es keine gesetzliche Pflicht, die ein Unternehmen zwingen könnte, eine Vertragsstrafe anzubieten. Der Bauunternehmer muss sie nicht vereinbaren.

Einige Firmen tun es trotzdem, wie das Institut Privater Bauherren in seiner Studie „Schlüsselfertig Bauen – Die Bauverträge mit privaten Bauherren in der Praxis“ belegt. Freiwillig bieten sie eine Vertragsstrafe an. Angehende Bauherren schätzen dieses Entgegenkommen als vertrauensbildende Maßnahme und als Garantie für besondere Termintreue. Dieser erste Schein kann allerdings trügen, wie die Studie belegt. Der Bauherr muss genau aufpassen, was ihm versprochen wird.

Das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB) regelt im Paragrafen 339 und den folgenden Paragrafen, was eine Vertragsstrafe ist. Demnach bekommt der Bauherr eine bestimmte Geldzahlung, sobald der Bauunternehmer die Bauzeit aus eigener Schuld überschreitet. Diese Geldbezahlung steht dem Bauherrn auf alle Fälle zu, unabhängig davon, ob er durch die Verzögerung tatsächlich einen Schaden hat oder nicht. Das ist der Sinn einer Vertragsstrafe: Wird der Vertrag nicht erfüllt, wird die Strafe fällig! Darüber hinaus kann der Bauherr einen tatsächlichen Schaden zusätzlich geltend machen, etwa hohe Hotelkosten. Die Vertragsstrafe wird auf weitere verzögerungsbedingte Schäden angerechnet.

Das Institut Privater Bauherren belegt in der Studie aber auch, wie Schlüsselfertiganbieter das Instrument der Vertragsstrafe zu Lasten der Bauherren interpretieren: Sie bieten beispielsweise eine Vertragsstrafe an in Höhe von 500 Euro für jeden Monat, den sie die Bauzeit überziehen. Gleichzeitig schließen sie aber jede weitere Zahlung aus, selbst wenn der Bauherrschaft durch die Verzögerung erheblich teurere Schäden entstehen. 500 Euro reichen aber nicht aus, um eine Familie einen Monat lang im Hotel unterzubringen, von den Kosten für das Unterstellen der Möbel, für zusätzliche Fahrten, für die Stornierung der Küchenlieferung und anderem mehr ganz zu schweigen.

Glücklicherweise, so konstatiert der VPB, sind solche Klauseln ungültig, weil sie den Bauherrn unangemessen benachteiligen (§ 307 Absatz 1 Satz 1 BGB). Das wissen aber die meisten Bauherren nicht. Im Gegenteil, sie halten die angebotene Vertragsstrafe für ein besonderes Entgegenkommen. Verhindern lassen sich solche Reinfälle nur, wenn die Bauherren ihren Vertrag vor der Unterzeichnung vom unabhängigen Sachverständigen prüfen lassen. Begleitet der Unabhängige später auch die Baustelle, sieht er Bauverzögerungen kommen und kann die Familie rechtzeitig warnen: „Kündigen Sie Ihre Wohnung noch nicht! Einzug ist voraussichtlich erst Ostern.“

AUCH INTERESSANT

MEISTEGELESEN