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Kühlgerätehersteller für jährlich zusätzliche

5,9 Millionen Tonnen Klimagase verantwortlich

Klimaschädliche FCKW werden nicht ordnungsgemäß aus alten Kühlschränken entnommen – Nur 35 Prozent statt der gesetzlich vorgeschriebenen 90 Prozent der Klimaemissionen werden vermieden – Ergebnis: Zusätzlich jährliche Emissionen von 5,9 Millionen Tonnen CO2-Äquivalenten in Deutschland

Nach Berechnungen der Deutschen Umwelthilfe e.V. (DUH) entweichen in Deutschland jährlich Klimaemissionen in Höhe von 5,9 Millionen Tonnen CO2-Äquivalenten durch ein nicht stattfindendes bzw. schlechtes Recycling von Haushaltskühlgeräten. Grundlage für die Berechnungen sind Angaben der Bundesländer. Hauptgrund für den Klimakiller Kühlschrank sind Emissionen von Fluorchlorkohlenwasserstoffen (FCKW), die bei der Entsorgung von ausgedienten FCKW-haltigen Kühlgeräten nicht ordnungsgemäß zurückgewonnen werden. Laut dem Elektroaltgerätegesetz sind die Hersteller für die Verwertung der Kühlschränke verantwortlich – und zwar je nach ihrem Marktanteil. „Während die Staatschefs in Kopenhagen über die Eindämmung des Klimawandels verhandeln und sich die deutsche Industrie als nachhaltig feiert, ruinieren die Kühlschrankhersteller in Deutschland das Klima“, kritisiert DUH-Bundesgeschäftsführer Jürgen Resch.

Geschäftsführer sind unternehmenspolitisch dafür verantwortlich, was in ihrem Unternehmen und in der Verantwortlichkeit ihres Unternehmens geschieht. Die DUH macht entsprechend die Geschäftsführer und Unternehmensleiter der Kühlgerätehersteller persönlich verantwortlich für die bei der Kühlgeräteentsorgung entstandenen Klimaemissionen. Von der DUH auf Basis von Brancheninformationen geschätzten Marktanteilen bei Kühlgeräten gehen entsprechend jährlich rund 1,47 Millionen Tonnen CO2-Äquivalente direkt auf das Konto von Dr. Kurt-Ludwig Gutberlet, Geschäftsführer des Marktführers BSH Bosch und Siemens Haushaltgeräte GmbH (ca. 25 Prozent Marktanteil). Klaus Wührl, Geschäftsführer der Electrolux Hausgeräte Vertriebs GmbH (ca. 20 Prozent), ist entsprechend für 1,17 Millionen Tonnen CO2-Äquivalenten verantwortlich. Werner Devinck, Geschäftsführer der Bauknecht Hausgeräte GmbH (knapp 15 Prozent), kommt auf 760.000 Tonnen CO2-Äquivalente, Dr. Markus Miele und Dr. Reinhard Zinkann, Geschäftsführer der Miele & Cie. KG (ca. 10 Prozent), sind für 590.000 Tonnen CO2-Äquivalente verantwortlich und Isolde und Willi Liebherr, Unternehmensleiter der Liebherr-International Deutschland GmbH (ca. 7 Prozent), sind für 410.000 Tonnen CO2-Äquivalente pro Jahr verantwortlich.

„Die Deutsche Umwelthilfe hat im Herbst erfolglos die Geschäftsführer der Kühlgerätehersteller zu einem Gespräch über diesen klimapolitischen Skandal eingeladen, was jedoch von allen auf dieser Ebene verweigert wurde. Während beispielsweise in Österreich 90 Prozent der klimarelevanten F-Gase entnommen werden, sparen sich die deutschen Hersteller hierzulande den Klimaschutz und belasten dadurch unsere Umwelt jährlich fast mit dem doppelten, was das Gebäudesanierungsprogramm der Bundesregierung an Einsparungspotential erbringt“, sagte Resch. Die DUH fordert Bundesumweltminister Norbert Röttgen sowie die für den Nicht-Vollzug des ElektroG zuständigen Bundesländer auf, endlich tätig zu werden und ein Kontrollsystem nach österreichischem Beispiel einzuführen.

Die unterschiedlichen Treibhausgase FCKW wurden 1995 als Kältemittel für den Einsatz in Kühlschränken verboten. Aufgrund der langen Nutzungsdauer von Kühlschränken enthalten vier von fünf Kühlgeräten, die in Deutschland entsorgt werden, immer noch ozon- und klimaschädliche FCKW.

Von den jährlich rund 3,2 Millionen ausrangierten FCKW-haltigen Kühlgeräten in Deutschland gelangen rund 1,1 Millionen nie in die umweltgerechte Verwertung in Recyclingbetrieben. Der genaue Verbleib dieser Geräte ist unklar. Nach den Erfahrungen der DUH liegt die Vermutung nahe, dass ein Großteil davon illegal nach Afrika und Richtung Osteuropa exportiert und entweder sofort oder zeitverzögert ausgeschlachtet werden. Im Ergebnis bedeutet dies, dass das in diesen Geräten enthaltene FCKW im Kühlkreislauf und in der Geräteisolierung nicht abgesogen und umweltgerecht vernichtet wird. Die FCKW der verschwundenen Kühlschränke und Gefriertruhen entspricht 2,9 Millionen Tonnen CO2-Äquivalenten.

Rund 2,1 Millionen FCKW-haltige Kühlgeräte schaffen es in die Recyclinganlagen – drei Viertel ohne Beschädigungen des Kältekreislaufes. Dort ziehen die Verwerter im Durchschnitt aber nur 58 Prozent der FCKW aus dem Kältekreislauf und der Isolierung. Von den erfassten und in den Recyclinganlagen behandelten Kühlgeräten entweichen so weitere drei Millionen Tonnen CO2-Äquivalente in die Atmosphäre.

Insgesamt gewinnen die Entsorger aus alten Kühlgeräten jährlich nur FCKW entsprechend 3,1 Millionen Tonnen CO2-Äquivalente zurück. Das gesamte Klimapotenzial der jährlich in Deutschland zur Entsorgung anfallenden Kühlgeräte beträgt aber neun Millionen Tonnen CO2-Äquivalente. Das bedeutet – gerechnet in vermiedenen CO2-Emissionen – eine Rückgewinnungsquote von 35 Prozent. Gesetzlich vorgeschrieben ist eine FCKW-Rückgewinnung von mindestens 90 Prozent. Verantwortlich für die ordnungsgemäße Entsorgung der Kühlgeräte sind laut Elektrogesetz die Hersteller.

„Die Hersteller scheinen sehenden Auges den niedrigen Entsorgungsstandard für Kühlgeräte zu akzeptieren“, sagte Maria Elander, Leiterin des Bereichs Kreislaufwirtschaft der Deutschen Umwelthilfe e.V. (DUH) zu den jüngsten Erhebungen in der FCKW-Entsorgung. „Die miserable Entsorgungsquote des Klimakillers FCKW aus Kühlschränken steht im diametralen Gegensatz zu den Verpflichtungen der Hersteller und zu ihren PR-Aktivitäten und Nachhaltigkeitsberichten, in denen sich die Unternehmen durchweg als umweltbewusst darstellen.“ Elander sieht ein „grundsätzliches Glaubwürdigkeitsproblem der Hersteller“ und fordert die Kühlgerätehersteller zu einem „lückenlosen Mengenstromnachweis“ der FCKW bei der Kühlgeräteentsorgung auf.

In ihren Nachhaltigkeitsberichten brüsten sich die Hersteller mit dem Umweltengagement ihrer Firmen. Marktführer BSH Bosch und Siemens Hausgeräte GmbH wirbt damit, 2008 als „Deutschlands nachhaltigstes Unternehmen“ ausgezeichnet worden zu sein. Zitat aus dem BSH-Nachhaltigkeitsbericht: „Besonders beeindrucken konnten wir die Jury durch die Kontinuität, mit der wir umweltbewusstes und verantwortungsvolles Handeln weltweit und über die gesamte Wertschöpfungskette hinweg umsetzen.“ Die Liebherr Hausgeräte Ochsenhausen GmbH „fühlt sich traditionell der Umwelt verpflichtet“, schreibt das Unternehmen auf seiner Homepage. Und weiter heißt es: „Umweltschutz ist deshalb eine zentrale Aufgabe der Unternehmensführung.“ Die Firma Miele & Cie. KG leistet sich ebenfalls einen Nachhaltigkeitsbericht, in dem sie 2008 die Entsorgung alter Kühlgeräte sogar besonders hervorhebt, ohne jedoch die eigenen Entsorgungsmengen des Treibhausgases FCKW zu nennen. Zitat: „Besonders wichtig ist die Verwertung ausgedienter Kühl- und Gefriergeräte. Mindestens 90% des in älteren Kältegeräten noch vorhandenen FCKW soll zurückgewonnen und umweltverträglich beseitigt werden. Hierfür hat Miele seinen Entsorgungspartnern Behandlungs- und Verwertungsziele vorgegeben. In Zukunft setzt Miele weiterhin verstärkt auf Recycling, bevor alternative Verwertungsverfahren zum Einsatz kommen.“

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